Interview mit Thomas Sedran, Vorstandsvorsitzender Volkswagen Nutzfahrzeuge

04.07.2020
Guten Tag Tim Chen,
haben Sie sich eigentlich gefragt, was mit den Gründern nach ihren Auftritten bei der TV-Show “Die Höhle der Löwen” passiert? Das können Sie bei unserem nächsten “Tech Briefing Live”-Event erfahren. Zwei erfolgreiche Gründerinnen werden aus erster Hand berichten. Dazu lade ich Sie herzlich ein. Doch zunächst beschäftigen wir uns mit der Zukunft der Mobilität.

1. Analyse: Warum die Zukunft der Mobilität schon da ist
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Hinter der Bezeichnung “Mobilität der Zukunft” steckt vor allem eins: Veränderung! Seit über einem Jahrhundert kaufen und fahren wir Fahrzeuge, die von Verbrennungsmotoren angetrieben werden.

Seit Jahren ist Elektrifizierung und autonomes Fahren ein Thema. Trotzdem sind sind sie noch Nischenthemen:

► Hersteller wie BMW, BYD, Tesla oder General Motors haben im Jahr 2018 rund 100 neue Elektrofahrzeug-Modelle auf den Markt gebracht und weltweit insgesamt zwei Millionen Einheiten verkauft.

► Bis 2025 planen die globalen Hersteller die Einführung von etwa 300 neuen Elektrofahrzeug-Modelle.

► Für Europa ist die Einführung von Elektrofahrzeugen ein wichtiges Thema. Die Anzahl der Betriebe, die an der Produktion von Elektrofahrzeugen beteiligt sind, ist im internationalen Vergleich führend:
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► Aber: Trotz des wachsenden Angebots und der wachsenden Bereitschaft der Verbraucher, Elektrofahrzeuge zu kaufen, liegt der relative Anteil immer noch im niedrigen einstelligen Bereich. Im Jahr 2019 machten Elektrofahrzeuge weltweit gerade mal 2,6 Prozent der Neuwagenkäufe aus, gegenüber 2,2 Prozent im Jahr 2018 und 1,4 Prozent im Jahr 2017.

Es gibt regionale Unterschiede. In China, dank Subventionen und einer Förderung von Elektrofahrzeugen, lag die Rate 2018 bei etwa 3,9 Prozent. In der EU lag sie bei 1,8 Prozent und in den USA bei 2,1 Prozent.
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Die Entwicklung von Elektrofahrzeugen ist für die Hersteller ein teures Geschäft. Trotzdem lohnt es sich. Es ist eine Spiel auf Zeit, denn neue Technologien finden selten direkt ihren Weg vom Forschungslabor zum Endverbraucher.

Oft liegt eine militärische Anwendung dazwischen, wie es bei Teflon und GPS der Fall wird. Sogar das Internet hat militärische Ursprünge in Form des ARPANET, einer Forschungsinitiative, die in den 1960er Jahren vom US-Verteidigungsministerium in Auftrag gegeben wurde.

Für das Tech Briefing hat Dr. Robin Tech mit seiner Market Intelligence Datenbank delphai.com eine branchenübergreifende Analyse erstellt und kommt zu dem Schluss:
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Oft entsteht ein Hype um neue Technologien zunächst im B2C-Bereich. Erfolgreich werden die Technologien dann aber erst im B2B-Sektor. Die Business-Anwendungen werden schneller und früher umgesetzt und machen die neuen Technologien skalierbar.”
Ein Beispiel: Die Blockchain-Technologie. Vor drei Jahren war Blockchain ein Hype-Thema. Im Jahr 2017 gab es fast 800 Initial Coin Offerings. Das ist das Blockchain-Äquivalent von einem Börsengang. Die meisten Anwendungen (63 Prozent) richteten sich an Konsumenten, wie beispielsweise E-Commerce-Payment-Lösungen.

In den vergangenen Jahren ist der öffentliche Hype um Blockchain zurückgegangen. Es gab 2019 mit 364 insgesamt weit weniger Initial Coin Offerings. Allerdings hat sich der Anteil an Geschäfts- und Endkonsumenten-Anwendungen gedreht. B2C-Angebote machen inzwischen nur rund 44 Prozent aus. B2B-Angebote, wie Smart Contracts in Supply Chains, machen 56 Prozent aus.
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Eine ähnliche Entwicklung gibt es rund um das Thema autonomes Fahren. Seit Jahren wird es versprochen, aber eine echte kommerzielle Einführung von selbstfahrenden Autos ist noch weit entfernt.

Vorläufer gibt es im B2B-Markt: Roboter, wie die von GreyOrange, Fetch Robotics oder Amazons Kiva, sind bereits seit Jahren in Lagerhäusern und Fabriken im Einsatz, um die Logistik durch automatisches Sortieren von Paketen nach Größe und Gewicht oder durch das Heben und Transportieren schwerer Lasten zu managen.

Warum dient der B2B-Markt als Katalysator für die Zukunftsmobilität? Das sind die wichtigsten Gründe:

 Bei Elektrofahrzeugen sind Kosten und Infrastruktur ein großes Hindernis für die Einführung. Die Batterien in Elektrofahrzeugen können etwa 10.000 Euro mehr kosten als der Standard-Verbrennungsmotor.

Da Elektrofahrzeuge weniger Kosten für Wartung und Kraftstoff benötigen, sinken ihre Kosten langfristig im Vergleich zu einem herkömmlichen Verbrennungsmotor-Fahrzeug.

 Für den typischen Verbraucher dauert es fünf oder sechs Jahre, bis die eingesparten Wartungskosten die Prämie für ein Elektrofahrzeug ausgleichen.

Im B2B-Bereich (wie zum Beispiel Elektrostapler oder Lastkraftwagen) ist das anders:

 Die Fahrzeuge werden intensiver genutzt als private.

 Die Lade- und Nutzungsmuster sind vorhersehbarer und ermöglichen niedrigere Gesamtbetriebskosten.

 Um die Kosten wieder hereinzuholen, dauert es im Vergleich in einem geschäftlichen Umfeld nur zwei bis drei Jahre, um die Mehrkosten für den Elektromotor auszugleichen.

Fazit: Die Zukunft der Mobilität ist schon da. Wir sehen sie nur noch nicht. Sie befindet sich nicht auf unseren Straßen, sondern auf Werksgeländen.

Wie gelingt für Autohersteller die Transformation von klassischen Verbrennern hin zum Produzenten von autonomen Robotertaxen? Einen Einblick in den laufenden Prozess gibt im aktuellen Tech Briefing Podcast Thomas Sedran, Vorstandsvorsitzender von Volkswagen Nutzfahrzeuge.

Für die Transformation hat er ein konkretes Ziel ausgegeben:
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Das Konstruieren, Bauen und Verkaufen von Autos ist und bleibt laut Sedran Kerngeschäft von Volkswagen. Um aber auch in der Mobilitätswelt von morgen eine Rolle zu spielen, ist ein Umdenken nötig. Möglich mache das ein konkretes Ziel, auf das alle im Unternehmen hinarbeiten: Schon in zwei Jahren soll in Katar eine von Volkswagen betriebene Flotte an Robotertaxen fahren. Auch wenn Sicherheitsfahrer die Taxen noch begleiten, sei dies ein großer Motivationsschub für die Mitarbeiter, so Thomas Sedran:
Wir waren nicht gerüstet für die Welt von Software, autonomes Fahren und Mobilitätsdiensten. Wir haben uns deswegen die Frage gestellt: Wo wollen wir in zehn Jahren sein?”
Wir haben von den Tech-Firmen gelernt, nicht direkt am Tag Eins alles perfekt hinzubekommen. Die permanente Weiterentwicklung, das regelmäßige Veröffentlichen von Software-Updates spielen eine wichtige Rolle. Beim autonomen Fahren bringt man ja zum Teil jeden Tag ein Update heraus.”
Erkenntnisse für die Transformation erhält Volkswagen Nutzfahrzeuge auch durch die Beteiligung an den Ridesharhinganbieter Moia, der in Hamburg und Hannover aktiv ist.

Eine Erkenntnis: Um eine Stadt wie Hamburg flächendeckend mit Moia zu versorgen, sind bis zu viertausend Fahrer nötig. Sie sind nicht nur der größte Kostenfaktor, sie können in dieser Größenordnung gar nicht eingestellt werden. Schließlich konkurriere Moia mit Paketlieferdiensten und es herrscht ein Preiskampf. Damit Kunden Moia nutzen, müsse der Preis zwischen dem subventionierten öffentlichen Nahverkehr und den Taxi-Preisen liegen, sagt Sedran:
Wenn wir menschlichen Fahrer nicht mehr benötigen, können wir solche Mobilitätsdienste flächendeckend anbieten. Ich erwarte dann auch, dass Mobilitätsanbieter wie Uber, Lyft oder Didi zu uns kommen und Autos bestellen, um sie in bestimmten Städten zu betreiben.”
Nicht nur technische Entwicklungen bremsen laut Sedran den Fortschritt, auch im Bereich der Regulation des autonomen Fahrens sind noch nicht alle Hausaufgaben erledigt.
Ich hoffe auf europaweite Regelungen für den Straßenverkehr und für Haftungsfragen.”
Autonomes Fahren, Elektrifizierung, Mobility-as-a-Service und Transport-as-a-Service — das ganze Gespräch mit Thomas Sedran hören Sie im aktuellen Podcast des Tech Briefings. Die Episode finden Sie bei Apple Podcasts, Spotify, Deezer oder direkt auf thePioneer.de.
 
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2. Einladung zur Female Founders Edition des Tech Briefings
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Ich möchte Sie zur Premiere unser neuen Event-Reihe "Female Founders Edition" einladen. Zusammen mit der Investorin Gesa Miczaika (Auxxo) und Lina Behrens (Flying Health) begrüße ich an Bord unseres Redaktionsschiffs PioneerOne Gründerinnen. Wir werfen gemeinsam einen Blick auf ihre Unternehmensstory.

Bei der ersten Ausgabe lernen wir Kati Ernst und Kristine Zeller von Ooia (ehemals Ooshi), einen Start-up für Periodenunterwäsche, kennen. Ooia versteht sich als Female Empowerment Company. "Unsere Kernaufgabe sehen wir darin, gesellschaftlichen Wandel für Frauen herbeizuführen, indem wir Dialoge führen und diese mit unseren Produkten anstoßen", beschreiben die Gründerinnen das Ziel ihres Unternehmens. Wie ist es zur Gründung gekommen? Was hat sich seit ihrem Auftritt bei der TV-Show "Die Höhle der Löwen" getan? Sie verraten es bei ihrem Besuch auf der PioneerOne.

Das einstündige Format findet während einer Rundfahrt mit der PioneerOne durch das Regierungsviertel in Berlin statt. Seien Sie bei der Aufzeichnung des Gesprächs für den Tech Briefing Podcast dabei. Anschließend gibt es noch einen Off the Record Teil, bei dem Sie Ihre Fragen an die Gründerinnen stellen können.

Der Termin: Mittwoch, 15. Juli 2020, 17.00 Uhr. Möchten Sie dabei sein? Schreiben Sie mir eine E-Mail an techbriefing@mediapioneer.com und ich informiere Sie, wenn Sie als Pioneer Boardingpässe buchen können.
 
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In dieser Woche hat Dr. Robin Tech seine persönlichen High- und Lowlights für Sie zusammengestellt:

Highlight von Robin Tech: Die Corona-App. Sie hat vielleicht ein bisschen viel gekostet, aber über 12 Millionen Menschen nutzen sie bereits. Und, ganz wichtig: die ersten knapp 350 Infektionen wurden bereits kommuniziert. Super effizient, schlicht und einfach und trotzdem Opt-In — es wird also niemand gezwungen. So funktioniert gut Software.

Lowlight: Die gemeinsame Software-Entwicklung von Daimler und BMW — eigentlich wollten sich die zwei zusammentun, um autonome Fahrsysteme schneller gemeinsam auf die Straße zu bringen. Stattdessen gab es jetzt andere kulturelle und finanzielle Sichtweisen auf die Entwicklung und man hat sich wieder getrennt. Tesla wird es freuen.

Dr. Robin Techs Innovationstreiber des Monats ...

... in der Forschung: Ich bin ja Quanten-Computer begeistert. WissenschaftlerInnen von der ETH Zürich machen es uns jetzt einfacher die Teile zu programmieren. Das Secure, Reliable and Intelligent Systems Lab arbeitet an einer Programmiersprache, die das so einfach macht, wie traditionelle Computer. Zum Bericht.

... in der Start-up-Szene: Alle Apps, die es mit TikTok aufnehmen. TikTok kommt ja bekanntlich aus China und wurde jetzt mal komplett auseinandergenommen. Dabei kam raus, was viele schon vermutet haben: Die App ist eigentlich ein Überwachungsprogramm, das sich als Social Media ausgibt. Bewegungsprofilerfassung, Kontaktsammlung und sogar Fernsteuerung des Smartphones sind ab Werk mit eingebaut — nein danke.

... im Mittelstand: Sikla aus Villingen Schwenningen — Spezialist für Befestigungssysteme insbesondere in Lagerhallen, über 50 Jahre alt. Wird jetzt zum Supply Chain Software Integrator. Inklusive maximal Standardisierung und Cloud-Lösung. Der Mittelstand nutzt die Digitalisierung! Zum Bericht.

... in der Konzernwelt: Apple. Der Tech-Konzern geht mal wieder in die Vollen und hat Intel als Chip-Lieferanten rausgeworfen. Stattdessen möchte Apple jetzt noch integrierter werden und wird eigene Chip-Sets benutzen. Ob sich die maximale Integration auszahlen wird: We will see. Auf jeden Fall spannend. Zum Bericht.
 
Wie immer freue ich mich über Ihr Feedback zum Tech Briefing. Schreiben Sie gerne an techbriefing@mediapioneer.com.

Haben Sie ein gutes Wochenende und bleiben Sie neugierig auf die digitale Welt.
Ihr

Daniel Fiene
Tech Briefing Host & Journalist
 
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